26.03.2016

Bitte verschont uns mit eueren Show-Cars, Concept-Studien, Revival-Entwürfen und Visionen!

Sie können´s einfach nicht lassen. Pünktlich zu jeder Autoshow, egal auf welchem Kontinent, egal von welcher Autofirma, mit unschöner Regelmäßigkeit tauchen sie auf: die Hirngespinste übereifriger Designer und fragwürdigen Visionen profilierungssüchtiger Hersteller. Wen wollen sie damit beeindrucken? Das Fachpublikum? Das bekommt doch vom Gähnen eine Kiefersperre. Die Stammtische? Die sind höchstens frustriert über ein weiteres Phantasieprodukt, das sie sich im realen Leben sowieso nicht leisten könnten. Die Jugend? Für die gilt das gleiche wie für die Stammtischbrüder, falls sie sich überhaupt noch für Automobile interessieren.

Damit deutlicher wird, wovon die Rede ist, hier ein paar prominente Beispiele.

Mercedes Vision IAA

Was den Ingenieuren alles einfällt, wenn ihnen nichts mehr einfällt. Ein ausfahrbarer Bürzel, innen rot beleuchtet wie ein Strahltriebwerk. Fehlt nur noch ein Nebelgenerator, um die Illusion perfekt zu machen. Selten so gelacht. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass dieser Entwurf bei Mercedes nicht unumstritten war.

Audi quattro concept

Was die Zukunft anbetrifft, die hat bekanntlich Audi gepachtet. Deshalb darf im Reigen der Visionen Audi auf keinen Fall fehlen. Zum wiederholten Male muss der Audi quattro von 1980 als Maßstab für die Kreativität der Ingenieure und Strategen von Audi herhalten. Obwohl selbst der Ur-Quattro schon damals eine chancenlose Fehlkonstruktion war. Nachzulesen unter

http://der-autokritiker.de/technik/mythos%20allrad.html

Audi urban concept

Im Gefolge der Wirtschaftskrise schlug die Geburtsstunde von sparsamen "Automobilen". Auch Audi schickte eine Konzeptstudie zum Genfer Salon. Vermutlich würden sie heute die Vaterschaft liebend gerne verleugnen.

BMW M1 Hommage

Auch BMW kramt gerne in der glorreichen Vergangenheit, um sich als innovativer und moderner Autobauer zu profilieren. War der M1 schon damals kein sonderlich gelungener Entwurf, die M1 Hommage steht ihm in nichts nach.

BMW 3.0 CSL Hommage

Hier wendet sich der Betrachter mit Grausen. Wie kann man nur eine Ikone des sportlichen Autobaus dermaßen verschandeln? Die BMW-Kreativlinge können das ohne Probleme. Anscheinend ist der Bangle-Virus in der Designmannschaft noch nicht ganz überwunden.

BMW The Next 100 Years

Waffeleisen als Kühlergrill, mit Steppdecken vollverkleidete Räder - wir können froh sein, dass wir das nicht mehr erleben müssen.

Opel GT Concept

Sollte dieses Auto tatsächlich auf die Straße kommen, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Von der futuristischen Anmutung bleibt bestimmt nicht viel übrig. Ob sich Opel damit einen Gefallen erweist?

Renault Alpine A110

Auch Renault hat eine automobile Pretiose in der Ahnengalerie, die Alpine A110. Sie war ein Muster an Einfachheit und Leichtbau. An ihr war nichts Überflüssiges dran, das war ihr Erfolgsgeheimnis. Renault gewann mit ihr die Rally Weltmeisterschaft 1973 gegen wesentlich stärker motorisierte Konkurrenten (z.B. Porsche).

Renault Alpine Studie

Dieses Fahrzeug mit dem martialischen Auftreten soll der der zierlichen A110 nachempfunden sein? Da haben die Designer aber kräftig danebengelangt. Aber Fehlzündungen dieser Art haben bei Renault eine lange Tradition. Die vielen Nachfolger der A110 überboten sich geradezu an Hässlichkeit.

Lassen wir es dabei bewenden. Warum gehen die Hersteller nicht einfach her, und bauen Fahrzeuge im Geiste ihrer Ahnen, nicht als aufgeblasener, pseudomoderner Abklatsch. Fehlt es ihnen an Courage, an Ideen, an Kreativität? Merken sie nicht, dass sie mit den missglückten Studien und Visionen sich eher schaden als nutzen? Dass sie nebenbei auch noch ihre eigenen Ikonen entwerten?

Unser Appell an alle Automobilhersteller und automobilen Medien lautet deshalb: Bitte, bitte verschont uns mit Show-Cars, Concept-Cars, Revival-Studien und allen sonstigen Visionen!

26.03.2016 Jacob Jacobson