Sensation: Solarflugzeug umrundet die Erde nur mit Sonnenenergie

Der Autokritiker

Jacob Jacobson

puristisch - kritisch - anregend

Sensation! Ein Solarflugzeug umrundet die Erde nur mit Sonnenenergie.

 

Bescheidenheit ist nicht das Markenzeichen von Bertrand Piccard, hochfliegende Pläne und möglichst hoch gesteckte Ziele schon eher. Nach einer erfolgreichen Erdumrundung mit einem Ballon suchte und fand Piccard eine neue Herausforderung: Eine erneute Umrundung der Erde diesmal mit einem solarbetriebenen Motorsegler. Das Projekt nennt sich "Solar Impulse II.

 

Zitat:

"Ziel des Projekts ist es, eine Kommunikationsplattform für neue technische, ökologische und ökonomische Wissenschaften zu errichten. … Das Ziel besteht darin, nach der Erprobungsphase umweltschonende Motorflugzeuge ohne Verbrauch von Brennstoff zu konstruieren."

 

Dem Autokritiker fällt bei diesen hochtrabenden Ansprüchen sofort der VW XL1 ein, der ebenfalls einen Beweis erbringen wollte. Nämlich den, dass es möglich ist, ein Serienfahrzeug zu bauen, das mit einem Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer auskommt. Es gelang, unter Aufbietung aller technischen Möglichkeiten, ein paar handgeschnitzte Technologieträger zu bauen, die sich tatsächlich mit weniger als zwei Liter Sprit begnügen. Allerdings, mit einer Serie hat das rein gar nichts zu tun. Außerdem sind die Fahrzeuge unbezahlbar. Also in Wirklichkeit der Beweis des Gegenteils.

 

Kann es dem Projekt des "Pioniers" Piccard ähnlich ergehen? Sehen wir uns doch einmal die Solar Impulse näher an.

 

Die technischen Daten sind beeindruckend. Sie kommen nur zustande unter Aufbietung aller technischen Möglichkeiten. Dazu zählen Kohlenstofffasern, Nanotechnologie, Batterien und Solarzellen mit dem höchstmöglichen Wirkungsgrad. Dieser irrsinnige Aufwand verschlingt zig-Millionen, vor allem, da es mit dem Bau allein nicht getan ist. Allein für Wartung, Betrieb, Reparatur und die Startvorbereitungen ist ein gewaltiges Heer an Fachleuten und Helfern erforderlich. Ohne massive Unterstützung aus Wirtschaft, Industrie und Staat wäre das Projekt niemals durchführbar. Bertrand Piccard versteht es wie kein Zweiter, Sponsoren für seine ehrgeizigen Pläne zu gewinnen. Partner des Projekts sind z.B.:

 

  • Hauptpartner: Solvay, Omega SA, ABB und Schindler
  • Offizielle Partner: Bayer MaterialScience, Altran, Swisscom und Swiss Re
  • Forschung und institutionale Partner: EPFL, ESA, IATA und Dassault Aviation

 

Die größte Herausforderung bislang war die Überquerung des Pazifiks von Nagoya, Japan nach Kalaeloa, Hawaii am 28. Juni – 3. Juli 2015

Distanz 7.212 km; Flugdauer 4d 21h 52'; Durchschnittsgeschwindigkeit 61,19 km/h

Die Herausforderung wurde nach einer Flugzeit von beinahe 5 Tagen erfolgreich gemeistert. Allerdings zum Preis einer defekten Batterie, weshalb sich der Weiterflug auf Frühjahr 2016 verschiebt.

 

Was kann man aus diesem Projekt lernen?

  • Eignet sich das Projekt wie angekündigt als Kommunikationsplattform für neue technische, ökologische und ökonomische Wissenschaften?
  • Sind wir jetzt in der Lage, umweltschonende Motorflugzeuge ohne Verbrauch von Brennstoff zu konstruieren?

Bei nüchterner Betrachtung muss selbst der größte Optimist zugeben, dass Bertrand Piccard die hehren Ziele weit verfehlte. Eigentlich lässt das Ergebnis nur den einen Schluss zu, dass umweltschonende Motorflüge in das Reich der Phantasie gehören. Kritische Zeitgenossen fühlen sich von einer derartigen Diskrepanz von Zielen und Realität gelinde gesagt veräppelt. Bertrand Piccard erreicht somit exakt das Gegenteil von seinen Zielen.

 

Abschließender Kommentar:

Das Projekt erleidet das Schicksal vieler Leuchtturmprojekte im Bereich Ökologie, Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Sie sind viel zu aufwendig um Nachahmer zu finden. Aber es entspricht der menschlichen Natur, das Vorhandene immer weiter zu verbessern, z.B. die Effizienz von Waschmaschinen zu steigern. Das hat zur Folge, dass Waschmaschinen wesentlich häufiger laufen, was die Verbesserungen überkompensiert. Das gleiche Phänomen lässt sich bei Kraftfahrzeugen, Spülmaschinen, Computern, Heizungen und Kühlschränken beobachten.

 

Gegen den ungebremsten Verbrauch von wertvollen Ressourcen gibt es nur ein einziges Mittel, nämlich die Energiekosten drastisch zu erhöhen. Damit aber die sog. sozial Schwachen (in Wirklichkeit finanziell Schwachen) ihren Lebensunterhalt auch weiterhin in Würde bestreiten können, muss man von der gängigen Praxis Abschied nehmen, Verschwendung zu belohnen und Sparsamkeit zu bestrafen. Das geht ganz einfach durch einen bestimmten Freibetrag an Energie für jedermann, und einem progressiven Anstieg der Kosten nach Überschreiten dieser Schwelle.

 

Auf die Fliegerei gemünzt hieße das, ein bestimmtes Kontingent an Flugmeilen stünde jedem relativ kostengünstig zur Verfügung. Mit jeder Meile darüber hinaus, steigen die Kosten progressiv an. Bestimmt könnte man damit die um sich greifende Vielfliegerei ein wenig einzudämmen, bevor uns allen der Treibstoff ausgeht. Dafür sollten sich Leute wie Bertrand Piccard, Elon Musk und Richard Branson einsetzen. Aber das wäre für diese selbst ernannten Pioniere und Visionäre viel zu wenig spektakulär.

 

19.08.2015 Jacob Jacobson

 

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