Sebastian Vettel platzt ein Reifen.

Der Autokritiker

Jacob Jacobson

puristisch - kritisch - anregend

Sebastian Vettel platzt ein Reifen im Rennen: Das macht die F1 spannend!?

 

Die Formel 1 leidet unter gähnender Langweile. Niki Lauda hat das haarscharf erkannt und kritisiert. "Alles muss überdacht werden, um die Formel 1 attraktiver, schneller, einfacher zu machen." Da kommt der Reifenplatzer von Sebastian Vettel gerade recht. Vettel erdreistete sich, mit einer Einstoppstrategie das Rennen zu beenden. Ein Grand Prix mit nur einem Reifenwechsel, das geht natürlich nicht. Mindestens zwei, besser noch drei Reifenwechsel müssen schon sein, das erhöht die Spannung ungemein. Zumindest glauben das die Verantwortlichen und die Chefmoderatoren des RTL, Heiko Danner und Christian Vasser. Sie unterhalten sich und das Publikum stundenlang mit ihren Theorien über Zwei- oder Dreistoppstrategien. Sie schaffen es spielend, wirklich an Formel 1 Technik Interessierte ins Koma zu plaudern.

 

An Formel 1 Technik Interessierte - gibt´s die noch? Da ein Flügelchen, dort ein Luftleitblechlein, mehr an unterschiedlicher Technik gibt die Formel 1 nicht mehr her. Dank der Normierungswut des großen Zampano Jean Todt und seinen Reglements-Schergen. Der Vereinheitlichungshysterie fielen auch die Reifen zum Opfer. Überall auf der Welt vollführten die Reifen in den letzten Jahrzehnten riesige Entwicklungssprünge. In der Formel 1? Fehlanzeige. Die Reifendimensionen sind noch die gleichen wie vor 50 Jahren. Die sportlichsten Fahrzeuge der 60er Jahre hatten damals richtiggehende Ballonreifen. Auch die erfolgreichsten Tourensportler benutzten derartige Gummiwürste, beispielsweise der legendäre BMW CSL. Die Reifen der Formel 1 waren optisch völlig identisch.

 

Genauso sehen sie auch heute noch aus. Antiquiert im Vergleich im Vergleich zu den Reifen von Renn- und Sportfahrzeugen heute. Die Reglementierungswut der F1-Macher lässt den einzelnen Rennställen keinen Spielraum für eine individuelle Weiterentwicklung. Besonders augenfällig wird der Stand der F1-Reifen beim Vergleich der Langstreckenfahrzeuge der LMP1-Klasse mit den F1-Boliden.

 

Vergleich technische Daten LMP1 - F1

 

Warum halten F1-Reifen nicht die volle Distanz? Rein theoretisch wäre es ohne weiteres machbar, die LMP1-Reifen beweisen es. Es fehlt nur am Willen der Verantwortlichen. Man müsste dazu Reifenwechsel nicht pauschal verbieten. Es würde reichen, Reifenwechsel mit einem Boxenstopp von mindestens 30 Sekunden zu belegen, und zwar ausnahmslos. Als positiver Nebeneffekt würden die Reifen ziemlich schnell unempfindlich gegen kleinere Carbonsplitter.

 

Hilfreich bei diesen Überlegungen wäre ein Wettbewerb mehrerer Reifenhersteller. In früheren Zeiten war die F1 sehr stark von der Konkurrenz bei den Reifen geprägt. Bridgestone, Michelin und Pirelli lieferten sich wahre Reifenschlachten. Die Entwicklung hat das enorm beflügelt. Die Konzentration auf ein einziges Fabrikat tut weder der F1 noch dem jeweiligen Hersteller gut. Aber auch da gilt, nichts geht ohne Zustimmung von "Napoleon" Jean Todt.

 

Damals galten reifenschonende Fahrer noch als geschickte Taktiker, und wurden ehrfurchtsvoll "Reifenflüsterer" genannt. Das konnten sie allerdings nur beweisen, weil ihnen die Reifen nicht ohne Vorwarnung um die Ohren flogen, wie es Sebastian Vettel und Nico Rosberg passierte. Vettel behauptete daraufhin: "Es muss mal gesagt werden, die Qualität der Reifen ist miserabel." Und was meint Niki Lauda zur harschen Kritik von Sebastian Vettel? "Du kannst einen Partner nicht derartig diskriminieren." Die Reaktion von Niki Lauda ist schlicht unverständlich. Das hat gesessen, meint ams.

 

Jacob Jacobson meint, der gute Niki liegt mit seiner Aussage völlig daneben.

  • Erstens ist Pirelli kein wirklicher Partner von Ferrari. Zu einer Partner-schaft gehört eine Art Exklusivvertrag.
  • Zweitens ist der Begriff "diskriminieren" falsch angewandt, denn die Reifenkompetenz abzuwerten, das besorgt Pirelli schon selbst.
  • Drittens sollte speziell für Niki Lauda als ehemaligen F1-Fahrer die Sicherheit der Piloten an oberster Stelle stehen.

 

Man kann nur hoffen, dass die Reifenentwicklung in der Formel 1 wieder in kompetente Hände gelangt, z. B. zu Bridgestone und/oder Michelin. Auf chaotische Reifenwechsel kann man ebenso gut verzichten wie auf die früheren Tankstopps. Die vermisst auch niemand. Die Rennen werden übersichtlicher, das fahrerische Potential kommt stärker zur Geltung. Das kann die Spannung nur steigern. Wie äußerte sich der wendige Niki Lauda eingangs:

"Alles muss überdacht werden."

Lieber Niki, vielleicht solltest du einfach bei den Reifen anfangen.

 

Jacob Jacobson 02.09.2015

Zur Formel 1 siehe auch: Vom Rennzirkus zum Trauerspiel

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