DTM: Langeweile hat einen Namen!

Der Autokritiker

Jacob Jacobson

puristisch - kritisch - anregend

DTM: Langeweile hat einen Namen!

 

 

"32 Seiten Extra. Alles über die DTM 2015"

Eine Sonderbeilage von ams zum Heft 10/2015. Die gleiche Beilage finden die Leser von AutoBild und sportauto. Die nackte Angst spricht aus diesen krampfhaften Bemühungen, das Interesse an der DTM anzuheizen. Ob es gelingt? Skepsis ist angebracht. Die DTM krankt an den gleichen Symptomen wie die Formel 1: Schwindende Zuschauerzahlen und mangelndes Interesse bei Medien und Rennsportfans. Was ist da los?

 

Wer hat schon mal einem Rennen zu einem beliebigen Markenpokal zugesehen ohne einzuschlafen? Respekt kann man da nur sagen, oder vertraute man vielleicht auf Hilfe von chemischen Weckstoffen? Die DTM-Fahrzeuge sind dem Einheitsfahrzeug eines Markenpokals schon verdächtig nahe gekommen. Man muss sich wirklich fragen, wieviel Audi, BMW oder Mercedes steckt noch in den Fahrzeugen? Nimmt man den Kühlergrill und die Lackierung weg, sind sie nicht mehr zu unterscheiden.

 

Außer durch den Aerodynamik-Fachmann. Denn die Unterschiede liegen nicht im Motor, nicht in den fahrdynamischen Kenngrößen, nicht im Gewicht, nicht in den Abmessungen, nicht in den Reifen, nicht in den Bremsen - sondern einzig und allein in aerodynamischen Gimmicks. Hier ein Blechlein, dort ein Spoilerchen, die Sinnfälligkeit bleibt selbst dem technisch interessiertesten Laien verborgen. (Wie in der Formel 1)

 

Das ist das Ergebnis eines Reglements, das alles bis ins kleinste Detail vorschreibt. Vier-Liter V8-Einheitsmotoren mit identischen Einlassquerschnitten, Mittelmotor vor der Hinterachse, Heckantrieb, Einheitsgetriebe, Einheitsgewicht, Einheitstank, Einheitsreifen - eigentlich könnte man Einheitsfahrzeuge unter die Fahrer verlosen. Wie soll da Spannung aufkommen? Mit welcher Marke soll sich der Zuschauer identifizieren?

 

Vorbei sind die Zeiten, als sich die Fahrzeuge noch an Serienfahrzeugen orientieren mussten. In der Sonderbeilage ist der DTM-Mercedes von 1988 abgebildet. Das Bild hätte man auch gut um einen BMW M3 von 1988 erweitern können.

 

Bevor sich die beiden Youngster der diesjährigen DTM abschätzig über den Oldtimer äußern, hätten sie sich lieber fragen sollen, ob sie gegen Fahrer wie Klaus Ludwig eine Chance gehabt hätten. Oder gegen Ayrton Senna, der als Formel 1-Neuling seine Kollegen in einem Rahmenrennen auf identischen Fahrzeugen dieses Typs düpierte.

 

Nächste Frage: Welcher technische Fortschritt soll eigentlich für die Serie dabei abfallen? Welche Marke hat einen Wagen mit V8-Mittelmotor? Keine! Oder doch, Porsche, aber die spielen ja nicht mit. Warum? Weil die technische Herausforderung fehlt, die die Ingenieure zur Höchstform auflaufen lässt. Weil winzige Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage entscheiden. Kleinigkeiten, deren Auswirkungen die Techniker meistens selbst nicht verstehen. Und so wie Porsche geht es auch anderen Herstellern. Sonst wäre das Starterfeld schon wesentlich bunter.

 

Dabei wäre es doch wirklich einfach: Zur Homologation müssen die Hersteller ein bestimmtes Kontingent an Fahrzeugen in Serie bauen und verkaufen. Für die Rennen sind Modifikationen erlaubt, allerdings nicht in den Abmessungen, in Radstand, Spurweite, Hubraum, Kolben, Pleuel und Kurbelgehäuse. Alles andere ist frei wählbar, auch die Ergänzung beispielsweise durch einen Elektroantrieb. Die Wahl der Reifen in Größe und Fabrikat ist ebenfalls frei. Sie dürfen sooft gewechselt werden, wie man will. Allerdings muss das Fahrzeug zum Reifenwechsel 30 Sekunden an der Box stehen.

 

Der Tankinhalt ist limitiert, anspruchsvoll limitiert. Die Ingenieure sollen ja schließlich eine Spielwiese vorfinden, bei der verschiedene Optionen zum Ziel führen. Luftwiderstand vs. Abtrieb, Leistung vs. Verbrauch, Verschleiß vs. Traktion usw. Und noch eins: Telemetrie während des Rennens gehört ebenso verboten wie Funkkontakt und 1000 Knöpfe auf dem Lenkrad. Das würde bestimmten Fahrertypen entgegenkommen, die nicht nur über gute Reflexe, sondern auch über ebenso gute strategische Eigenschaften verfügen. Naturgemäß Fahrer, die schon Erfahrung besitzen und diese auch einsetzen können. Vielleicht kristallisieren sich auf diese Weise wieder Fahrertypen heraus, die man heutzutage schmerzlich vermisst. Typen wie Bernd Schneider oder Klaus Ludwig.

 

Mit diesen Modifikationen kann das Interesse an der DTM zu einem Höhenflug ansetzen, auf das sogar die Formel 1 neidisch ist.

 

Jacob Jacobson 06.05.2015

 

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